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Europawahl in Berlin 2019

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Bei der Europawahl 2019 in Berlin teilten sich CDU und FDP im Wesentlichen dieselbe Wählerschaft. Bei beiden Parteien ist ein deutlicher Bruch in den Wahlergebnissen entlang der ehemaligen Grenze zwischen West- und Ost-Berlin erkennbar. Beide Parteien haben auch nach 30 Jahren in den östlichen Bezirken sich nicht derart verankern können, wie dies im Westen seit Jahrzehnten besteht. 

     Bemerkenswert ist außerdem der deutliche Gegensatz zwischen den innerstädtischen Stimmbezirken und denjenigen am Stadtrand. Besonders im ehem. West-Berlin ist dieser Gegensatz stark ausgeprägt. Besonders in den Stimmbezirken, die in relativer Nähe zu Grünflächen und Gewässern liegen, sind die Ergebnisse beider Parteien besonders hoch: Kladow, ringsum den Grunewald, am Tegeler Forst, Jungfernheide; außerdem entlang desjenigen Stadtrandes, der vor 1990 keinen Zugang zu Grünflächen hatte: Frohnau, Heiligensee, Staaken, Zehlendorf, Steglitz, Marienfelde, Lichtenrade, Buckow, Rudow; außerdem (als einzigem innerstädtischen Bereich mit hohen Ergebnissen) in relativer Nähe zum Tiergarten. Die Hochburgen von CDU und FDP in Berlin haben die geografische Gestalt einen "E". 

     Der Zusammenhang zwischen relativer Nähe zu Naturflächen und hohen Ergebnissen von CDU und FDP bestätigt sich auch bei einzelnen Stimmbezirken im Osten der Stadt: in den dörflich strukturierten Oststeilen von Köpenick (Müggelheim, Rahnsdorf, Schmöckwitz). 

     Die mit Abstand niedrigsten Ergebnisse haben beide Parteien in den dicht besiedelten Altbau-Stadtteilen Kreuzberg und Neukölln (Nord). 

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Auch die Wahlergebnisse der SPD als dritte traditionelle Partei der Bonner Republik haben eine ähnliche geografische Struktur wie die von CDU und FDP, wenngleich der Gegensatz zwischen Hochburgen und Tiefburgen nicht so stark ausgeprägt ist. 

     Auch die SPD hat einen starken Bruch zwischen dem vormaligen Westen und dem Osten der Stadt. Es scheint allerdings kein kontinuierliches Gefälle zwischen Innenstadt und Stadtrand zu bestehen; vielmehr besteht ein generelles Niveau, von dem nur die Ortsteile Mitte, Kreuzberg und Neukölln (Nord) abweichen. Besonders hoch sind die Ergebnisse in den West-Berliner Gebieten mit relativer Nähe zu Industriegebieten: Staaken, Haselhorst, Charlottenburg-Nord, Märkisches Viertel, Britz, Rudow. 

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Die Struktur in den Wahlergebnissen der Grünen steht konträr zu den Strukturen der traditionell etablierten Parteien (CDU, FDP, SPD). Die Grünen werden vor allem in der Innenstadt gewählt - und zwar die ehemaligen Ost-West-Grenze übergreifend! Die Hochburg erstreckt sich ringförmig um den historischen Siedlungskern der Stadt: Charlottenburg, Schöneberg, Kreuzberg, Friedrichshain, Prenzlauer Berg, Gesundbrunnen, Moabit. Eine sekundäre Hochburg bildet der Südwesten der Stadt, in dem bereits CDU und FDP ihre Hochburgen haben. Mit Abstand am niedrigsten sind die Ergebnisse am östlichen Stadtrand und in insgesamt günstigen Wohnlagen. 

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Ein weiteres Strukturcluster bilden die Ergebnisse von Die Linke und AfD, deren Wählerschaften im Wesentlichen in denselben Regionen leben. Beide Parteien haben ihre Hochburgen in den Hochhaussiedlungen am östlichen Stadtrand. Beide Parteien haben ihre schwächsten Ergebnisse in den etablierten, wohlsituierten Milieus im Südwesten. 

   Die Linke hat allerdings nach wie vor einen deutlichen Bruch in ihren Wahlergebnissen entlang der ehemaligen Grenze zwischen West- und Ost-Berlin, während bei der AfD hier ein relativ fließender Übergang besteht. Außerdem ist die größte räumliche Disparität in den Ergebnissen der AfD der Gegensatz zwischen Innenstadt und Stadtrand, während die Linke zunehmend in der Innenstadt Fuß fasst.

     Diese Unterschiede sind vermutlich vor allem darin begründet, dass die Wählerschaft der Linken in sich sehr inhomogen ist und aus zwei Lagern besteht: einem Milieu mit einfacher Bildung, das aus Gewohnheit die Linke wählt und vor allem an finanziellem Egalitarismus interessiert ist (--> die "Alte Linke"), und einem anderen Milieu, das akademisch gebildet ist und an identitärem Egalitarismus interessiert ist  (--> die "Neue Linke"). 

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Die Tierschutzpartei wurde bei der Europawahl 2019 siebtstärkste Kraft in Berlin. Über ihre Wählerschaft ist vermutlich am wenigsten bekannt. Die geografischen Strukturen der Wählerschaft der Tierschutzpartei hat relative Ähnlichkeit zur Struktur der Ergebnisse der AfD. 

     Charakteristisch sind die schwachen Ergebnisse in der Innenstadt und im Südwesten. Den Schwerpunkt bildet ein Kranz um die Innenstadt, der einen "kulturellen Zwischenraum" zwischen der pulsierenden Innenstadt und dem ruhigen Stadtrand darstellt. Dieser Zwischenraum ist charakterisiert durch relativ gute Infrastruktur und relativ lebendige Milieus (aber jenseits der hippen Kieze), und mit relativer Näher zu Grünflächen. 

Ein Bruch zwischen West und Ost besteht bei der 1993 gegründeten Partei nicht. 

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Die geografischen Struktur in den Wahlergebnissen der Piratenpartei ist absolut diffus. Es ist weder ein Gegensatz zwischen Stadtrand und Innenstadt, noch zwischen Ost und West zu erkennen. 

Insgesamt betrachtet bestehen mehrere Strukturmuster, die bei verschiedenen Parteien wiederkehren: 

-- Gegensatz zwischen Ost und West

-- Gegensatz zwischen Innenstadt und Stadtrand 

-- Sonderstellung der wohlsituierten Regionen im Südwesten 

-- Sonderstellung von Kreuzberg und Neukölln (Nord) 

-- Ring um Ortsteile Mitte und Tiergarten 

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