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Landtagwahl in Hessen 2023 

Wahlbeteiligung

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Die Wahlbeteiligung in Hessen bei der Landtagswahl im Oktober 2023 war im ländlichen, mittelgebirgigen Osten und Norden des Landes am höchsten und im Ballungsraum Rhein-Main am niedrigsten. Der Befund ist aber relativ diffus. Bemerkenswert ist jedoch, dass sich bei der Veränderung der Wahlbeteiligung gegenüber der letzten Wahl 2018 ein deutliches Gefälle im Land zeigt: Im Ballungsraum Rhein-Main sowie anderen großen Städten ist die Wahlbeteiligung gesunken, während sie im größten Teil des Landes (dem ländlichen Raum) gestiegen ist. Diese Dichotomie deutet deutlich darauf hin, dass die Wählerschaft asymmetrisch mobilisiert wurde: Menschen im ländlichen Raum haben offensichtlich mehr die Notwendigkeit gesehen wählen zu gehen als Menschen im städtischen Raum. 

Die Berliner Ampel

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Besonders die drei Parteien der Bundesregierung (SPD, Grüne, FDP) haben bei der Landtagswahl verloren. Dies folgt dem allgemeinen Bundestrend, diese Wahl folgte damit einer gesamtgesellschaftlichen Stimmung. Deutlich ist dabei die Korrelation zwischen den addierten Verlusten der drei Parteien und dem Gegensatz zwischen dem urbanen und dem ländlichen Raum: Je ländlicher, desto höher die Verluste. Da alle drei Parteien im städtischen Raum deutlich besser verankert sind (sowohl institutionell als auch nach etabliertem Wähleranteil), sind ihnen die Wähler dort treuer geblieben. 
Da im süddeutschen Raum der Gegensatz zwischen Stadt und Land eh schon eine viel bedeutsameres Wahlmuster als in anderen Regionen Deutschlands ist, verdeutlicht sich in dieser Wahl auch die Schieflage der Ampel in der Repräsentation der Bürger: Sie ist eine Regierung vor allem der städtischen Milieus. 

Links und Rechts der Mitte 

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Die drei Parteien "links der Mitte" (SPD, Grüne, Linke) haben entlang der "Hessischen Städtekette" ihre höchsten Ergebnisse; erreichen aber nur in fünf großen Universitätsstädten eine tatsächliche Mehrheit der Wähler. Die drei Parteien "rechts der Mitte" (CDU, AfD, Freie Wähler) haben die höchsten Werte in den peripheren Regionen Hessens, dem Westerwald und dem Vogelsberg und erreichen hier teilweise drei Viertel der Wähler. Insgesamt zeigt sich, wie auch bei anderen Wahlen, dass "kulturell linke Politik" nur in sehr kleinen Räumen eine Mehrheit findet, während "konservative Politik" über weite Landstriche Anklang findet. 

Der Bonner Konsens

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Als "Bonner Konsens" werden hier die drei Parteien CDU/ CSU, SPD und FDP bezeichnet, die die Bonner Republik über Jahrzehnte hinweg maßgeblich geprägt haben durch eine Politik des Interessenausgleichs und der Ablehnung von Radikalität, da diese drei Parteien untereinander koalitionsfähig bleiben mussten. 

Nebenstehende Karte zeigt, wo die drei Parteien schwarz-rot-gelb noch eine Mehrheit haben. Abgesehen von wenigen Universitätsstädten lebt diese Tradition in der Bevölkerung noch mehrheitlich fort. Besonders in den peripheren Räumen im Norden und Osten lehnt ein Großteil der Bevölkerung die später entstandenen Parteien (Grüne, Linke, AfD) noch ab, deren Gründungsmotivation oftmals eine oppositionelle Haltung zu den bestehenden gesellschaftlichen und politischen Umständen in Deutschland war. Daher ist abzuleiten, dass in den ländlichen und besonders in den peripheren Räumen eine politische Mentalität der Ausgeglichenheit und Unaufgeregtheit vorherrscht. 

Die Regionalität der CDU-Gewinne

Scheinbar sind die Zugewinne der CDU diffus übers Land verteilt und es sind keine erklärlichen Strukturmuster erkennbar. Im Vergleich mit den Zugewinnen der AfD zeigt sich jedoch ein deutliches Muster: Beide Parteien haben landesweit und in jeder einzelnen Kommune hinzugewonnen (CDU +7,6 %; AfD +5,3 %). Aber die CDU hat in den städtischen Räumen mehr hinzugewonnen als die AfD, und die AfD hat in den ländlichen Räumen stärker hinzugewonnen als die CDU. D.h. obwohl die Zugewinne der CDU größer waren als die der AfD, hat die AfD im ländlichen Raum eine höhere Attraktivität als die CDU. Damit verstärkt sich ein Trend der vergangenen Jahre: Die AfD erobert die ländlichen Räume. 

Die grün-blaue Verschiebung

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Verschiedene Analysen haben bereits gezeigt dass der Antagonismus zwischen AfD und Grünen vor allem urban-ländlichen Konfliktlinie ausgetragen wird. Insgesamt hat die AfD 5,3 % hinzugewonnen und die Grünen haben 5,0 % verloren (Die AfD hat in jeder einzelnen Kommune hinzugewonnen, die Grünen in jeder einzelnen Kommune verloren). Die rechte Karte zeigt aber, dass die AfD überdurchschnittliche Gewinne im ländlichen Raum hat und die Grünen ihre geringsten Verluste im Zentrum des Ballungsraums. Die Verschiebung verläuft spektral-konzentrisch vom grünen Zentrum zur blauen Peripherie. 

Ergebnisse der großen Parteien

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CDU
Die Hochburgen der CDU sind sehr ungleich verteilt und die Motive für diese Situation sind sehr unterschiedlich: Insgesamt sind die Ergebnisse der CDU in den ländlichen Räumen höher als in den verstädterten (Die rot markierten Bereiche zeigen Gebiete mit einer Bevölkerungsdichte über 500 Ew/ km²). Die höchste Hochburg ist Osthessen um Fulda, das auch die einzige katholisch geprägte Region in Hessen ist. Auch in anderen peripheren Regionen entlang der Grenzen zu Rheinland-Pfalz und NRW sind die Ergebnisse deutlich höher. Auffallend sind die hohen Ergebnisse im Südtaunus in direkter Nähe zu Frankfurt/ Main, ein Gebiet mit vielen wohlhabenden Kommunen, vielen Pendlern und hohen FDP-Ergebnissen. Ebenso fällt der Bruch in Nordhessen auf, wo die Ergebnisse der CDU besonders niedrig und die der SPD besonders hoch sind. 

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